Die kurze Autofahrt vom Bahnhof zum Haus haben Luc und ich uns unterhalten. Nach wenigen Sätzen meinte er dann, wie gut ich jetzt Französisch spräche. Das hat mich sehr gefreut. Am Haus angekommen habe ich dann erfahren, dass ich wieder den gleichen Schlafplatz wie letztes Jahr habe, da der amerikanische Wwoofer aufgrund einer starken Katzenallergie in einem Grangeon (kleinen Häuschen) und nicht im Haus schläft. Ich legte nur schnell meine Sachen ab und knuddelte Jabba, den treuen Hund, bevor ich ein bisschen frühstückte.
Während ich aß kam Michael, der amerikanische Wwoofer, und wir 3 haben uns ein wenig unterhalten. Michael versteht relativ gut Französisch, aber spricht es kaum. Es hat sich ziemlich schnell so entwickelt, dass ich Englisch spreche, wenn ich mit beiden gleichzeitig rede, aber Französisch, wenn ich nur mit Luc rede. So konnten wir alle drei zusammen interessante Gespräche führen und ich hatte trotzdem ein wenig die Möglichkeit, mein Französisch anzuwenden.
Nach meinem Frühstück haben Michael und ich die Kisten, die bei der Ernte verwendet werden, sortiert, gezählt und verräumt. Luc hatte mir angeboten, mich auszuruhen, aber ich fühlte mich sehr fit, also habe ich dankend abgelehnt und bei allem mitgemacht. Als nächstes haben wir den Gärprozess von mehreren Weinen kontrolliert. Luc hat Michael erklärt, worauf man achten muss und die Verantwortung für die Kontrollen auf ihn übertragen, denn Michael möchte lernen, wie die Weinherstellung funktioniert. Ich habe zugesehen und gelegentlich assistiert. Einen Großteil dieser Zeit habe ich aber damit verbracht zu schwärmen. Das Wetter war wundervoll und ich war einfach nur überglücklich wieder hier zu sein. So viele tolle Erinnerungen vom meinem letzten Aufenthalt hier kamen wieder zurück und die ganze Atmosphäre hat mich sofort positiv gestimmt.
Vor dem Haus war ein großer Haufen Trester (Überreste vom Weinpressen), den wir mit viel Muskelkraft auf einen Hänger geladen haben und dann ein paar hundert Meter weiter auf dem Komposthaufen wieder abgeladen haben. Ich hatte mir noch gedacht, dass ich aufpassen sollte, dass ich mir keine Blase hole, aber vergessen was dagegen zu unternehmen. Ich habe nun also eine offene Blase am Daumen, genau wie letztes Jahr, als ich dieselbe Arbeit verrichtet hatte. Das nächste Mal mehr handeln, weniger denken! Vom Komposthaufen gingen wir noch zum Garten, wo wir Tomaten, Karotten in allen Farben, und Äpfel ernteten. Als wir wieder zum Auto zurückkehrten, entdeckte Luc einen toten Fasan ganz in der Nähe des Komposthaufens. Er meinte, man könnte den ja vielleicht noch essen und ging hin, um ihn genauer unter die Lupe zu nehmen. Leider (zum Glück?) war der Fasan nicht mehr gut und wir fuhren nur mit der Ausbeute aus dem Garten wieder zurück zum Haus.
Mittlerweile war es Mittag und Luc hat angefangen das Essen herzurichten. Ich habe endlich meine Kamera ausgepackt und die Zeit genutzt, um ein paar Bilder zu machen. Zum Essen gab es Tomaten aus dem Garten, Kartoffelpüree, Kürbispürree und Würstchen. Wie immer hat alles super geschmeckt.
Gestärkt starteten wir in den Nachmittag, den wir mit dem Etikettieren und verpacken von Flaschen verbrachten. 1000 Flaschen müssen insgesamt gemacht werden, was Luc viel fand. Ist es an sich ja auch, aber wann man in der gleichen Woche ca. 12000 Flaschen etikettiert hat, dann schreckt einen nichts mehr so leicht ab. Wir haben uns bei der Produktion gut amüsiert und sind gut vorangekommen.
Zum Abendessen sind wir zu Patrick gefahren. Patrick ist ein guter Freund von Luc und hilft auch immer bei der Ernte, also kannte ich ihn schon vom letzten Jahr. Sein Grundstück ist richtig schön. Er hat einen riesigen Gemüsegarten, einen Pool und eine tolle Aussicht. Am Ende des Grundstücks hat er mit einem Freund zusammen ein kleines Haus aus Steinen und sehr altem Holz gebaut, in dem wir zu Abend aßen. Vor dem Essen haben Michael und ich im Garten Fotos gemacht und uns mehr über die verschiedenen Pflanzen erzählen lassen.
Ich wusste, dass es ein besonderes (stinkiges) Käse-Fondue geben soll; gemacht mit einem Käse, den weltweit nur zwei Produzenten herstellen, einer direkt im Wohnort von Patrick und der andere auch in derselben Region. Was ich nicht wusste war, dass es auch Schnecken gibt. Patrick brachte die Schnecken  und ich hatte keine Ahnung, was das ist.
Also habe ich nachgefragt. Die Antwort war nicht, was ich mir erhofft hatte. Nachdem ich mir aber vorgenommen hatte, jedes Essen zumindest zu probieren, dass mir hingestellt wird, habe ich mich dann doch überwunden und eine Schnecke gegessen. Es war gar nicht so schlimm, aber hat auch nicht wirklich gut geschmeckt. Nach ein paar Minuten habe ich mich dann noch einmal getraut und eine zweite Schnecke gegessen. Jetzt kann ich mit Sicherheit sagen, dass ich es nicht wirklich mag und der Gedanke daran, was ich da gerade im Mund habe, mir sehr viel Beherrschung abverlangt mich nicht zu übergeben.
Das Käse-Fondue war sehr lecker, roch aber sehr streng. Luft anhalten und durch! Mit Salz, Pfeffer und mehreren Gläsern Wein habe ich das Essen gut überstanden. Zur Nachspeise gab es Eis, Zigarillos und Kirsch-Schnaps. Gegen 23 Uhr haben wir uns wieder auf den Heimweg gemacht. Obwohl wir beide todmüde waren, haben Michael und ich noch Fotos vom Sternenhimmel gemacht. Die Nacht war absolut klar und in La Pavaz gibt es kaum Lichtverschmutzung. Die Bedingungen waren also super!
Es war schon nach Mitternacht als ich endlich ins Bett bin. Ich bin absolut glücklich und zufrieden eingeschlafen, voller Vorfreude auf die nächsten Wochen.
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